Zu Gast bei den Samen

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Unterwegs mit dem Rentierzüchter Peter Andersson und seiner Herde. Foto: Renbiten

„Mindestens 20.000 Samen leben heute in Schweden“, so die Angabe hinsichtlich der Einwohnerzahlen in der aktuellen Samen-Ausstellung im Nordischen Museum in Stockholm. Diese Zahl muss man unter der Voraussetzung sehen, dass auch heute noch viele Samen mit ihrer Herde wandern und sich dort zu Hause fühlen, wo ihre Wurzeln sind. Idre Sameby, im nördlichen Dalarna, ist die südlichste und eine der kleinsten Samengemeinschaften in Schweden.

Gerade der Spätsommer und Herbst bietet eine tolle Möglichkeit, diese Region zu besuchen, in die Kultur und Kulinarik der Samen einzutauchen und zugleich die vielfältigen Outdoor-Erlebnisse kennen zu lernen. Idre Fjäll   ist ein guter Ausgangspunkt dafür. Je nachdem, ob man mit der Familie oder mit Freunden anreist, und welchen Komfort man sucht, kann man hier campen, sich ein schönes Schwedenhaus mit Bollerofen und Sauna mieten oder aber im Pernilla Wiberg Hotel übernachten, das auch eine hervorragende Küche bietet.

Die Tage lassen sich ganz individuell planen: Soll es eine lange Wander- und Trekkingtour zu Fuß oder zu Pferd sein? Es können aber auch genauso (auf Wunsch geführte) Mountainbike-Ausflüge oder Raftingerlebnisse gebucht werden. Abgerundet werden die sportlichen Freizeitmöglichkeiten durch Kletterangebote, Schwimm-Möglichkeiten oder den zum Hotel gehörenden Golfplatz. Musik-, Kunst- und Motorsportfestivals laden ebenfalls zwischen Juli und September in die Region  ein.

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Seit zehn Jahren bringen Peter und Helena Andersson Interessierten im Rahmen ihres Unternehmens „Renbiten“ die samische Kultur und Kulinarik näher. Foto: Emmerich

In Idre Sameby lebt der aus einer alteingesessenen Sámi-Familie stammende Peter Andersson, einer von etwa 2.250 aktiven Rentierzüchtern in Schweden. Gemeinsam mit seiner Frau Helena hat er sich vor zehn Jahren dazu entschieden, Touristen einen authentischen Einblick in ihre samische Alltags- und Arbeitswelt zu geben und damit gleichzeitig für mehr Verständnis zu sorgen. So gründeten sie 2006 das Unternehmen „Renbiten“ im etwa 35 Kilometer entfernten Grövelsjön, über das sie Produkte und Erlebnistouren rund um die samische Kultur offerieren. „Für uns ist es sehr wichtig, die samischen Kenntnisse und Traditionen zu bewahren, gleichzeitig wollen wir unseren Besuchern die Möglichkeit bieten, ein außergewöhnliches Erlebnis zu erfahren, welches die Besucher lange in Erinnerung behalten werden“, erklärt Helena Andersson, die für die Begrüßung der Gäste, die Terminkoordination und den Hofladen zuständig ist, während sich Peter in erster Linie um seine Rentierherde kümmert, die in der freien Natur weidet.

Im Hofladen bietet das Ehepaar Andersson Rentierfleisch in den unterschiedlichsten Varianten an: Ob frisch, getrocknet oder geräuchert – da Peter seine Tiere in der eigenen kleinen Hofschlachterei auch selbst zu samischen Spezialitäten weiterverarbeitet, kann er gezielt auf die Wünsche seiner Kunden eingehen. „Eine unserer besonderen Delikatessen ist Suovas, mageres Rentierfilet, das gesalzen und acht Stunden lang geräuchert wird. Unbedingt probieren sollte man aber auch gekochte Rentierzunge oder geräuchertes -herz“, empfiehlt Peter. Er selbst hat bei seinen langen Touren immer etwas Trockenfleisch zur Stärkung und zu seinem Kaffee mit dabei.Selbstverständlich gibt es neben dem Rentierfleisch auch noch viele andere Produkte – Pilze und Beeren zählen ebenfalls zu den wichtigsten Rohstoffen, die selbst gesammelt und weiterverarbeitet werden. Darüber hinaus finden sich auch Kunsthandwerk und Handarbeiten im samischen Stil. Während wir uns in der kleinen Schatzkammer umschauen und einen ersten Eindruck von der samischen Kunst und Kulinarik gewinnen, bringt uns Helena ihre Arbeiten entsprechend der Jahreszeiten näher.

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Unterwegs auf unserer Tour entdecken wir die faszinierende Flora und Fauna, begleitet vom zahmen Rentier Lovis. Foto: Emmerich

Dann tauchen wir für einen Abend in die Welt der Samen ein, in dem wir mit Helena auf Tour gehen: Gemeinsam wandern wir, begleitet von zahmen Rentieren, die Helena mit der Hand bzw. Flasche aufgezogen hat, zu einer Erdkota, in der Peters Großvater mit seinen zehn Kindern lebte. Unterwegs erklärt Helena Flora und Fauna, weist auf die Flechten hin, die aufgrund der reinen Luft hier zu finden sind. Unterwegs haben wir tolle Aussicht auf das nahe gelegene norwegische Gebirge und den See Grövelsjön.

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Ziel unserer Tour: Die Erdkota von Peters Familie. Foto: Emmerich

Vor der Erdkota werden wir von Peter Anderson empfangen. Bevor wir uns gemeinsam rund um die Feuerstelle, Aernien, setzen, auf dem schon ein Topf vor sich hinköchelt und leckeren Duft verströmt, weist uns der Rentierzüchter auf einige Gepflogenheiten hin: So sind die Sitzplätze am Feuer für Mann und Frau fest definiert. Nachdem wir es uns gemütlich gemacht haben, lauschen wir Peters Erzählungen.

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Peter Andersson verzaubert seine Zuhörer gerne mit samischen Erzählungen. Foto: Emmerich

Dann ist es Zeit für den Rentierfleischeintopf mit Kartoffeln und Möhren, der im Topf auf dem Feuer einige Zeit gegart ist: einfach, aber sehr delikat. Genauso wie der kräftige Kaffee, der ebenfalls über dem Feuer zubereitet wird. Hier haben wir die Wahl – genießen wir ihn pur oder nach samischer Art: Dann werden wahlweise Scheiben von Trockenfleisch oder geräucherter Rentierzunge in die Tasse gegeben und zusammen mit dem Kaffee getrunken. Ein salziger, zunächst doch erst einmal recht gewöhnungsbedürftiger Geschmack…

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Einfach, aber super lecker: Rentiereintopf. Foto: Emmerich

Wer nicht nur auf den Geschmack der samischen Spezialitäten gekommen ist, sondern auch etwas mehr von dem abenteuerlichen Leben der Rentierzüchter mitbekommen möchte, der kann Peter und Helena auch auf ein- bis viertägige Wanderungen begleiten. Diese bieten dann selbstverständlich viel tiefere Einblicke in deren Leben. So werden Weideplätze der Tiere besucht, es wird in Kotas am knisternden Feuer auf Rentierfellen übernachtet und gelernt, wie man Feuer entfacht oder auch ein Rentier mit einem Lasso einfängt. Dabei bleibt aber auch genug Zeit, um die Seele baumeln zu lassen, angeln zu gehen oder Fotos von der faszinierenden Landschaft zu machen. Je nach Jahreszeit bekommt man auch einen Einblick in die anfallenden Arbeiten: So werden zwischen Juli und September die Kälber markiert und die Herden zur Bullenschlachtung zusammengetrieben.

Mein Tipp: Wer beispielweise beim Markieren der Jungtiere dabei sein möchte, kann bei Peter und Helena dieses einmalige Erlebnis buchen: Vom 8. bis 11. September werden verschiedene Wanderungen mit zahmen Rentieren unternommen, viel Kulinarisches und Kulturelles über die Samen gelernt und das Leben der Rentierzüchter hautnah erlebt.

 

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Helena Andersson beherrscht unzählige samische Gerichte. Foto: Emmerich

Wichtig: Auf keinen Fall sollte man einen Samen fragen, wie groß die Herde denn sei. Das wird als Unhöflichkeit aufgefasst und ist gleichbedeutend damit, als würde man hierzulande jemanden fragen, wie groß sein Vermögen sei.

 

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