Ein pinkfarbenes Blütenmeer erwartet noch bis Mitte Juli die Besucher im Naturpark Meißner rund um den Ort Germerode: Dort lockt Hessens größtes Schlafmohnfeld tausende von Besuchern an, die auf unterschiedlichste Entdeckungsreisen gehen oder viel über den Schlafmohn erfahren können.
In Zusammenarbeit mit dem Naturpark Meißner-Kaufungen Wald und dem Kreisbauernverband baut Landwirt und Koch Björn Sippel seit 2009 mit dem Schlafmohn wieder eine der ältesten Kulturpflanzen Europas an. Hatten hauptsächlich Landwirte in Hessen und Thüringen bis vor dem zweiten Weltkrieg noch kleinere Mengen an Mohn angepflanzt, die zwischen Kartoffelpflanzen wuchsen und für Kuchen bestimmt waren, kam dies durch die Einführung des Betäubungsmittelgesetzes zum Erliegen. Es waren nur noch zwei Sorten zugelassen. Mit den heutigen morphinarmen Schlafmohnsorten ist wieder ein kontrollierter Anbau – nach strengen Auflagen der Bundesopiumstelle – möglich. Während der Mohnanbau in Österreich, besonders im Waldviertel, eine lange Tradition hat, nimmt auch in Deutschland der Anbau wieder zu: 2010 wurden in Deutschland insgesamt 70 Hektar Mohn angebaut, davon nur 1,3 Hektar in Hessen – ein Hektar allein in Germerode. In der Meißner-Gemeinde wuchs das Anbaugebiet mittlerweile auf 15 Hektar heran – nicht zuletzt durch die touristische und kulinarische Attraktivität der Blüten und kleinen, stahlblauen Körner.
Mohn mit allen Sinnen genießen
In ihrer 14-tägigen Vollblüte bieten die Mohnblüten den Besuchern faszinierende Anblicke und Fotomotive. Kein Wunder, dass Blumenfreunde aus nah und fern anreisen, um dieses Naturschauspiel mitzuerleben. In der Abblühphase gewinnen dann die grünen Mohnkapseln die Oberhand. Diese werden im August mit dem Mähdrescher geerntet und aus den kleinen Körnchen vielfältige Meißner-Mohn-Produkte hergestellt.
Ein Hektar Schlafmohn bringt einen Ertrag von 500 bis 600 Kilogramm Mohn, aus dem Björn Sippel beispielsweise in seinem Betrieb kaltgepresstes Mohnöl herstellt, das einen leicht nussigen Geschmack aufweist, Vitamin E sowie einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthält. Darüber hinaus werden die Mohnkörner zu Mehl, Pesto und Eierlikör verarbeitet. Weitere Betriebe in der Region fertigen mit dem Mohn feine Schokoladen und Pralinen, Honig mit Mohn sowie Mohn-Schafmilchseife. Selbstverständlich verarbeiten auch zahlreiche Bäckereien und Konditoreien die kleinen Körner zu Kuchen, Brötchen oder Gebäckstücken. Und wie könnte es in Nordhessen anders sein, gibt es natürlich bei den Metzgern auch Ahle Wurst oder Bratwurst mit Mohn.
Wie unterschiedlich Mohn in Gerichten zubereitet werden kann, davon überzeugt Björn Sippel seine Gäste am liebsten selbst. Im „Meißnerhof“ in Germerode kann man nämlich nicht nur den Betrieb samt Ölmühle besichtigen, sondern im Restaurant des Landhotels auch vielfältige Mohnspeisen oder ein mehrgängiges Mohnmenü aus der Karte wählen. Wie wäre es also mit einem Carpaccio von Ahler Roter Mohnwurscht an Blattsalat mit Röstbrotwürfeln, gefolgt von Lachsfilet auf in Mohn-Pesto geschwenkten Bandnudeln an süßsaurer Chili- und traditioneller Schmandsauce? Als Hauptgang werden dann beispielsweise Schweinemedaillons und Perlhuhnstreifen in einer Mohn-Sesamkruste gebraten auf einem Wirsingrahmgemüsebett gereicht. Für die Naschkatzen findet sich eine Mousse von weißer Schokolade mit Mohn und Beeren auf der Karte. Zum Abschluss darf dann natürlich auch ein Gläschen Mohnlikör oder aber ein Mohn-Eierlikör nicht fehlen. Wer den Mohn-Erlebnistag gemütlich ausklingen lassen will, kann auch gleich in einem der Mohn-Gästezimmer übernachten.
Aktiv ins Thema eintauchen
Für die Meißner-Gemeinde Germerode mit ihren sieben fachwerkbunten Ortsteilen stellt die Blütezeit eine besondere Herausforderung dar. Zusammen mit dem Mohnbauern, den Mitarbeitern vom Naturpark und vielen weiteren Helfern wird dann ein drei Kilometer langer, leicht begehbarer Rundwanderweg zu Mohnfeldern ausgeschildert, der nach den jährlich wechselnden Anbauflächen variiert, aber stets über Bänke zum Verweilen verfügt und zur Mohntenne, einem Scheunen-Café inmitten der Mohnfelder, führt. Darüber hinaus werden ein Mohn-Info-Telefon, Parkplätze sowie ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm zusammengestellt.
Wer mehr über den Mohnanbau im Naturpark Meißner-Kaufunger Wald erfahren möchte, kann an einer der zweistündigen Führungen teilnehmen, die während der Hauptblütezeit angeboten werden (Teilnahmebetrag drei Euro pro Person, Anmeldung unter der Telefonnummer 05651-952125). Auch bei der Planwagenfahrt mit der „Mohnschnecke”, die sonntags zwischen Mohnparkplatz, Mohnfeldern und Mohntenne verkehrt sowie bei individuell buchbaren, romantischen Kutschfahrten, kann man sich bequem einen Eindruck von dem Blütenmeer verschaffen.
Wer Augen- und Magenfreuden gleichzeitig sucht, für den ist die Schlafmohnblüte in Germerode ein Muss – Foto aber bitte nicht vergessen!
Viel Spaß wünscht Euch
Martina
Ps.: Wer mag kann mir gerne auch ein Feedback oder Foto von seinem Besuch schicken, ich würde mich freuen.