Den Kirschen auf der Spur

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Auf eine lange Tradition kann der Kirschanbau in Witzenhausen zurückblicken. Aufgrund der guten klimatischen Bedingungen werden seit dem Mittelalter in und um die nordosthessische Stadt angebaut: Der sandige Boden, die Hanglage sowie die Feuchtigkeit der Werra sorgen dafür, dass die Kirschen hier von der Befruchtung bis zur Ernte deutschlandweit am längsten reifen, was ihnen ein wunderbares Aroma gibt.


1573 wurde die Kirsche erstmals urkundlich als „Kersebere“ erwähnt. Die Bekannt- und Beliebtheit der roten Frucht wuchs seitdem enorm. Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts (1823) wurde der Kirschenanbau in Witzenhausen als wichtigster Wirtschaftszweig genannt. Zum Ende desselben Jahrhunderts hatte etwa jeder zweite Haushalt über 100 Kirschbäume in seinem Besitz. So ist es wohl kaum verwunderlich, dass heute mehr als 150.000 Kirschbäume ihre überwiegend roten Früchte in den unterschiedlichsten Sorten zur Reife tragen.

Einen guten Überblick über die in der Region beheimateten Sorten findet der Genießer auf dem Hof Kindervatter, auf dem Armin Kindervatter 1994 einen Schaugarten mit über 200 Bäumen angelegt hat, in dem man nicht nur 35 verschiedene Kirschsorten blühen und heranreifen sehen, sondern sogar auch kosten kann. „Ende April bis Anfang Mai verwandelt sich unser Garten sowie das gesamte Werratal um Witzenhausen zu einem einzigen Kirschblütenmeer“, berichtet der 62-Jährige, der einer der größten Kirschanbauer ist und 3.000 eigene Bäume hat. Hierbei handelt es sich in erster Linie um Niederstammbäume, die eine Fruchternte ohne Leiter ermöglichen. Auch wenn es heute viele neue, robuste und ertragreiche Sorten der Steinfrucht – u. a. Wega oder Sam – gibt, so werden auch die traditionellen Sorten wie Schneiders späte Knorpel, Hedelfinger und Königskirsche weiterhin ausgebaut. „Durch die verschiedenen Sorten können wir von Mitte Juni bis Mitte August Kirschen ernten“, so Armin Kindervatter weiter, der auch Interessierten bei der Wahl des für ihren Garten geeigneten Kirschbaumes gerne mit Rat und Tat zur Seite steht.

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Über 200 Kirschbäume hat Armin Kindervatter in seinem Schaugarten angepflanzt, an denen 35 verschiedene Sorten von Mitte Juni bis Mitte August heranreifen. Foto: Emmerich

Während die Süßkirschen direkt zum Verzehr verkauft werden, werden mit Sauerkirschen die unterschiedlichsten Produkte zubereitet: Das Angebot reicht hier von Kirschsaft, -wein, -secco, -bier und -likören über Kirschmarmeladen und -nudeln bis hin zu Trockenkirschen in Schokolade. All diese Produkte sind sowohl im Hofladen der Familie Kindervatter zu finden, als auch in der Absatzgenossenschaft Unterrieden.

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Vielfältige Kirschprodukte aus der Region kann man in der Absatzgenossenschaft Unterrieden entdecken, teilweise verkosten und erwerben. Foto: Emmerich

Dort gibt es sogar Kaffee einer nordhessischen Rösterei mit Kirscharoma. Während letztgenanntes Produkt zwar eine Besonderheit, aber gewöhnungsbedürftig ist, setzt man auf dem Hof Kindervatter auf eine hochwertig-saisonale Kirschen-Küche: Sohn Tobias bereitet in dem zum Hof gehörenden Restaurant und Cateringservice verschiedene Kirschgerichte zu. Mir wird beispielsweise zur Begrüßung ein Kirsch-Secco gereicht, dem dann eine Schaumsuppe von frischen Kirschen und Roter Beete sowie ein Salat im Glas mit Kirsch-Balsamico-Essig folgen. Ein wahres Gedicht ist der Hauptgang, der zugleich die kreative Handschrift des Küchenchefs zeigt: Schweinefilet im Speckmantel mit glasierten Pfefferkirschen auf Kirsch-Chili-Risotto und Basilikum-Pesto. Abgerundet wird dies noch mit einem Limetten-Kirschkompott mit Mascarponecreme, Amarettini-Keksen und frischer Minze, serviert von Tobias Kindervatter persönlich, der von bevorstehenden Highlights wie die leichte Sommerküche, die nordhessischen Schlachte-Spezialitäten und seine Küchenparty berichtet. Nach so viel Schlemmerei und mit Kirschen sowie dem leckeren Kirsch-Secco für zu Hause eingedeckt, wird es nun Zeit für ein bisschen Bewegung.

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Tobias Kindervatter verwöhnt die Gäste im Restaurand des Hofes Kindervatter mit leckeren, saisonalen Gerichten. Foto: Emmerich

In und um Witzenhausen laden verschiedene, gut ausgeschilderte Wege dazu ein, die herrliche Natur mit ihren Kirschplantagen sowie Aus- und Fernblicken ins Werratal, zum Kaufunger Wald und der Ruine Hanstein zu genießen sowie gleichzeitig auch noch Wissenswertes über das rote Steinobst zu lernen. Für Eilige und Familien ist besonders die rote Stadtroute des Kirschenerlebnispfades zu empfehlen, die auf 1,8 Kilometern Länge durch die Witzenhäuser Altstadt mit ihren schönen Fachwerkhäusern führt. Immer der roten Kirsche folgend gelangt man zu fünf Stationen, an denen man einiges über die Kespern, wie die süßen rote Früchte hier genannt werden, die verschiedenen Sorten und die damit verbundenen Traditionen erfährt. So wird in der Region der beliebte „Spuckekuchen“ gebacken, ein Hefekuchen mit dicker Schmandschicht und Kirschen mit Stein. „Wer die meisten Steine seinem Kuchenstück findet, gewinnt einen kleinen Preis“, erzählt Gästeführerin Getrud Peter, die mit uns am Diebesturm an einer besonderen Station Halt macht: Hier befindet sich eine „Spuck-Bahn“, an der man dann die beim Kuchenessen gesammelten Steine gleich wieder loswerden kann. Hier trainieren Einheimische und Gäste für das Kirschsteinweitspucken – ein fester Bestandteil der Kesperkirmes, die stets am zweiten Juli-Wochenende stattfindet und seit 50 Jahren stets eine Kirschkönigin hervorbringt. So brachte es die gerade aus dem Amt geschiedene Kirschkönigin Nina II. auf stattliche 16 Meter, während der Rekord bei den Männern bei 25 Metern liegt. „Mein Geheimtipp ist das Zungenrollen beim Kirschsteinweitspucken“, verrät die ehemalige Hoheit schmunzelnd, die auch noch die an die Stadtroute angrenzende Landschaftsroute mit weiteren 2,7 Kilometern und zwölf Stationen empfiehlt. Der Erlebnispfad wurde übrigens von der Stadt Witzenhausen unter Mitarbeit des Fachbereichs Ökologische Agrarwissenschaften der Universität Kassel zu einem deutschlandweit einzigartigen interaktiven Rundgang gestaltet, der zugleich Landschaftsphänomene vermittelt.

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Zwei rote Kirschen, mal auf das Pflaster der Altstadt gemalt, mal auf einem Schild zu finden, weisen Interessierten dir RIchtung entlang des Kirschenerlebnispfades. Foto: Emmerich

Je nach Wetterlage werden noch bis Mitte August in Witzenhausen und dem Werratal Kirschen geerntet. Wer daher nun Lust auf die süßen roten Früchte bekommen hat, ein wenig die GrimmHeimat Nordhessen erkunden, genießen und abwechslungsreiche Tage erleben möchte, der sollte sich spontan noch für einen Besuch in der Kirschenstadt Witzenhausen entscheiden.

Aber auch diejenigen, die ihren Sommerurlaub bzw. die Ferien schon anderweitig verplant haben, kommen auf ihre Kosten: Tobias Kindervatter, Küchenchef des Hofrestaurants Kindervatter hat mir nämlich einige seiner Top-Rezepte verraten:

Schaumsuppe von frischen Kirschen und Roter Beete
(vegetarisches Rezept für 4 Personen)

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Einfach genial fandich  auch das Schaumsüppchen von frischen Kirschen und Roter Beete – und das, obwohl ich eigentlich kein großer Fan der Roten Beete bin. Wer diese Kombination gekostet hat, wird Rote Beete lieben. Foto: Emmerich

Zutaten:
30 g Butter
1 Knoblauchzehe
150 g frische Kirschen
150 g gekochte Rote Beete
200 ml Gemüsebrühe
100 ml Kirschsaft
400 ml Sahne
Salz, Pfeffer, Muskat

Zubereitung:
Die Knoblauchzehe wird geschält und klein geschnitten, die Kirschen entkernt und halbiert und die Rote Beete in Würfel geschnitten.
Wir braten in einem Topf den Knoblauch an und geben die Kirschen und die Rote Beete hinzu. Wenn wir den Inhalt leicht angebraten haben, geben wir die Sahne, die Brühe und den Kirschsaft hinzu.
Wir lassen die Suppe ca. 20 Minuten leicht köcheln und pürieren danach alles mit einem Mixstab.

Schweinefilet im Speckmantel mit glasierten Pfefferkirschen auf Kirsch-Chili-Risotto und Basilikum-Pesto
(Rezept für vier Personen)

 

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Ein absolutes Highlight im Rahmen des Kirsch-Menüs ist das Schweinefilet im Speckmantel mit glasierten Pfefferkirschen, Kirsch-Chili-Risotto und Basilikum-Pesto. Foto: Emmerich

 

Kirsch-Chili-Risotto
Zutaten:
40g Butter
200g Risottoreis
½ Chilischote
1 Knoblauchzehe
400 ml Kirschsaft
½ TL Chilipulver
30 g geriebener Parmesan

Zubereitung:
Wir geben 30 Gramm Butter mit der klein geschnittenen Chillischote und der angedrückten Knoblauchzehe in einen Topf und dünsten darin den Reis leicht an.
Wir löschen das Risotto mit dem Kirschsaft nach und nach ab. Das Risotto köchelt ca. 20 Minuten vor sich hin. Wenn das Risotto noch bissfest ist, schmecken wir es mit Salz, Pfeffer, und dem Chilipulver nach Geschmack ab.
Zum Schluss werden die restliche Butter und der Parmesan untergehoben, um ein perfektes, „schlotziges“ Risotto zubekommen.

Schweinefilet im Speckmantel
Zutaten:
600 g Schweinefilet
200 g Bacon in Scheiben

Zubereitung:
Wir schneiden vier Stücke à 150 Gramm aus dem Schweinefilet und würzen sie mit Salz und Pfeffer. Nun wird der Bacon nebeneinander gelegt, so dass sich ca. 4-5 Scheiben je nach Größe leicht überlappen. Das Schweinefilet wird stramm darin eingewickelt und zuerst auf der unter Seite angebraten. Das ganze Filet wird anschließend rundum knusprig gebraten. Wenn das Fleisch eine schöne Farbe hat, garen wir es im Ofen bei 150 Grad Celsius ca. zehn Minuten fertig. Das Fleisch einige Minuten ruhen lassen, bevor es angeschnitten wird.

Glasierte Pfefferkirschen
Zutaten:
20 Kirschen, ca 200 g
30 g Butter
gestoßener schwarzer Pfeffer

Zubereitung:
Die Kirschen werden halbiert und entkernt. Wir glasieren die Kirschen mit der Butter und geben zum Schluss den geschroteten schwarzen Pfeffer hinzu.

Basilikum-Pesto
Zutaten:
1 Kräutertopf Basilikum
20 g Pinienkerne (Alternativ: Cashewkerne oder geschälte Mandeln)
60 g Parmesan (Alternativ: Grana Padano oder Pecorino)
1 Knoblauchzehe
10-12 EL kaltgepresstes Olivenöl
Salz

Zubereitung:
Basilikumblätter abzupfen und hacken. Die Nüsse in einer Pfanne ohne Öl leicht anrösten (kann man auch lassen, wenn‘s schnell gehen soll) und hacken, den Käse würfeln. Knoblauchzehe schälen und fein hacken. Alles zusammen in einem Mörser, mit dem Blitzhacker oder Stabmixer zu einer Paste verarbeiten. Dann erst nach und nach das Öl unterrühren. Mit Salz abschmecken.

Guten Appetit wünscht Euch Eure Martina.

Gerne könnt Ihr mir auch Eure Lieblingskirschsorte nennen und mitteilen, was Ihr daraus gern zubereitet.

Links:
www.hof-kindervatter.de
www.agu-kirschen.de
www.kirschenland.de
www.grimmheimat.de/staedtetrips

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